Absicherung einer Person durch Nießbrauch-Vermächtnis
Wer ein Testament hinterlässt, möchte, dass die Angelegenheiten rund um den Nachlass bestens regelt sind. Dabei ist das Erbrecht eine komplexe Angelegenheit. Bereits winzige Formfehler können unerwünschte Resultate nach sich ziehen. Wer sicher sein will, dass das Testament und damit der letzte Wille rechtssicher und unanfechtbar formuliert und aufgesetzt ist, sollte dafür dringend einen erbrechtskundigen Anwalt oder Notar zurate ziehen. Die anwaltliche Überprüfung mit anschließender notarieller Beglaubigung ist immer der sicherste Weg, damit der Nachlass eines Tages nach dem Willen des Erblassers verteilt wird.
Wichtig: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Wir sind nicht dazu legitimiert, juristische Auskünfte zu erteilen. Insofern sind die Hinweise auf gesetzliche Zusammenhänge als Zusammenfassung öffentlich einsehbarer Informationen zu verstehen.
Per Testament wird die gesetzliche Erbfolge ausgehebelt
Eines muss man sich deutlich vor Augen halten: Mit einem Testament wird in den meisten Fällen die sogenannte gesetzliche Erbfolge ausgehebelt. Potenzielle Erben werden begünstigt, andere werden ausgeschlossen oder deren Ansprüche werden nach anderem Schlüssel verteilt. Negativ ausgedrückt ist ein Testament ein Ausschlussverfahren; positiver klingt der Begriff Begünstigungsverfahren. Wenn das Testament nicht wasserdicht formuliert ist oder formale Mängel aufweist, kann ein wackeliges Testament schnell den gesamten Familienfrieden gefährden. Nicht selten tritt der Fall auf, dass ein gutgemeintes, aber laienhaft maschinell aufgesetztes Testament als ungültig erklärt wird. Exakt das, was der Erblasser vermeiden wollte. Schauen wir uns aber zunächst an, was passiert, falls kein Testament vorhanden ist:
Was geschieht, wenn kein Testament vorhanden ist?
Tatsächlich haben die meisten Erblasser kein Testament. Ist ein solcher letzter Wille nicht per Testament dokumentiert, gilt in Deutschland automatisch die gesetzliche Erbfolge. Verbleibt die Frage, wie denn die sogenannte gesetzliche Erbfolge ohne Testament aussieht. Wer bekommt was und zu welchen Anteilen? Nun, die Erben erhalten bei der Erbfolge ohne Testament einen prozentualen Anteil der Erbmasse; dessen Höhe hängt vom Verwandtschaftsgrad ab.
Begünstigung in der Erbfolge nach Verwandtschaftsgrad
Begünstigt werden zunächst die engsten Verwandten, zuerst die Kinder und deren Kinder, anschließend die Eltern und Geschwister der Erblasser. Sofern die Kinder der Vererbenden noch leben, haben die Enkel bei der Erbfolge ohne Testament keinen Anspruch. An vorderster Stelle stehen bei der Erbfolge ohne Testament jedoch die Ehegatten. Denen steht neben den Kindern die Hälfte des Erbes zu. Weitere Details entscheiden sich daran, ob die Ehegatten in Gütergemeinschaft gelebt haben oder eine Gütertrennung vereinbart wurde. Die Erbengemeinschaft verwaltet das Erbe eigenständig und exakt an dieser Stelle kommen nicht selten die hinlänglich bekannten Streitereien auf.
Aufteilung der Rangfolge bei Erbfolge ohne Testament nach Ordnungen
Wichtig zu wissen sind insbesondere zwei Aspekte. Erstens werden die Erben hinsichtlich der Rangfolge in sogenannte Ordnungen unterteilt. Zu ersten Ordnung gehören die Kinder und Enkelkinder des Erblassers. Zur zweiten Ordnung werden die Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen gezählt. Gefolgt von der dritten Ordnung, den Großeltern, Onkeln und Tanten, Cousinen und Cousins der Vererbenden. Unmittelbar fällt auf: Ehepartner tauchen bei diesen Ordnungen nicht auf. Ehegatten haben bei der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament ein gesetzliches Ehegattenerbrecht.
Zweitens schließen die vorhergehenden Ordnungen die nachrangigen Ordnungen aus. Ganz simpel bedeutet dieser Ausschluss: Sofern die Kinder und Enkel noch leben und das Erbe nicht ausschlagen, haben beispielsweise die Eltern und Geschwister des Erblassers keinen Erbanspruch. Plakativer ausgedrückt: Die nachrangingen Ordnungen sind schlichtweg noch nicht an der Reihe. Eine leider vielbekannte Tatsache ist, dass ein Erbe ohne Testament großen familiären Zündstoff beinhaltet.
Erbe mit Testament: Partner*innen gut versorgt wissen
Häufig möchten Erblasser nach ihrem Ableben eine Person weiterhin versorgt wissen. So beispielsweise in einer Ehe oder langjährigen eheähnlichen Gemeinschaft. Ein Testament bietet dafür verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, so etwa den Nießbrauch. Das Konstrukt funktioniert folgendermaßen: Der Erblasser vererbt – im Testament dokumentiert – einer Person sein Erbe, belastet diese aber wiederum mit einem Vermächtnis. Das wiederum besagt, dass der Erbnehmer den Wunsch des Erblassers auszuführen und das Vermächtnis an eine oder mehrere benannte Personen zu übertragen hat.
Vorteile und Zweck von Nießbrauch-Vermächtnis
Nicht selten wird diese Variante genutzt, um etwa eine Immobilie als Komplettwert an ein Kind zu übertragen, das beispielsweise in den vergangenen Jahren die häusliche Pflege übernommen hat. Allerdings soll der Ehegatte das ehemals gemeinsame Zuhause bis zu dessen Tod weiterhin bewohnen oder vermieten dürfen. Im Testament dokumentiert wird somit ein Nießbrauchvermächtnis. Der Erblasser ordnet den Nießbrauch für den Vermächtnisnehmer an. Dieser Nießbrauch erlischt mit dem Tod des Nießbrauchberechtigten. Der Erbe – und Vermächtnisgeber – kann ab diesem Zeitpunkt das Objekt uneingeschränkt nutzen. Mit Blick auf unser Immobilienbeispiel bedeutet dies, dass das Bedürfnis für den Nießbrauch entfällt, wodurch das Wohnhaus oder die Wohnung nicht mehr mit einem Nießbrauch belastet ist.
Pragmatische Vorteile beim Nießbrauchvermächtnis
Die pragmatischen Vorteile bei einem mit Nießbrauchvermächtnis ausformulierten Testament sind u.a., dass frühzeitig klare Verhältnisse geschaffen werden, der hinterbliebene Ehegatte weiterhin versorgt ist und die Erbmasse nicht durch einen möglicherweise aufgrund der gesetzlichen Erbfolge notwendigen Verkauf auseinandergerissen wird. Theoretisch hinzukommen können sogar steuerliche Vorteile, zumal der Nießbrauch einen faktischen Wert darstellt, der den Verkehrswert der Immobilie und somit auch die Erbmasse reduziert und somit etwaige Erbschaftssteuern geringer ausfallen können.
Dieser Wunsch von Ehegatten, sich gegenseitig abzusichern, besteht selbstverständlich ebenfalls bei der Immobilienverrentung mit lebenslangem Nießbrauch. Grundsätzlich ist der Nießbrauch nicht vererbbar und erlischt mit dem Tod des Nießbrauchnehmers. Vor diesem Hintergrund der gegenseitigen Absicherung ist es wichtig, den Nießbrauch für beide Partner einzutragen, was wiederum durch ein Nießbrauchvermächtnis erfolgen kann.